Dazu ein Interview mit Matthias Wocken, Schulleiter der Thomas-Morus-Schule in Osnabrück-Haste.
Herr Wocken, die Thomas-Morus-Schule hat es in der Pandemiephase geschafft, zwischen den Lockdowns, zwei GenerationenWerkstätten durchzuführen. Was bringen die Praxisprojekte den Jungen neben der Berufsberatung, die sie in der Schule erhalten?
Die Jungen erleben einen Betrieb live. Sie profitieren in unserem Fall von der Expertise eines Ausbildungsleiters und der jahrzehntelangen Berufserfahrung eines Ruheständlers.
Welch ein Pfund an wahrem Erwachsenenleben!
Unsere schulischen Aussagen gewinnen für diese Jungen an Glaubhaftigkeit. Sie erfahren, dass Grundwerte des menschlichen Miteinanders tatsächlich für ein gutes Zusammenleben ohne Alternative sind. Die tolle Ansprache unserer Jungen durch die Betreuer, das praktische Handeln, die kleinen Gespräche nebenbei, das Zusammenwachsen zu einer ergebnisorientierten Arbeitsgemeinschaft, die stete Rückkopplung des Erlebten in Schule und Familie sind einige der Merkmale, die wir an der Generationenwerkstatt so schätzen. Ich erlebe immer wieder, wie Schüler aus vergangenen Projekten stolz auf dem Schulhof neuen Mitschüler:innen ihre Arbeitsergebnisse zeigen. Vom Globus über die Tischgruppe bis hin zur stolzgeschwellten Brust beim Betrachten der Skulptur vor dem Vfl Stadion spüre ich echte Emotionen bei den Jungen.
„Was? Das habt ihr gebaut? Das gibt’s doch gar nicht!“
Beim Abschluss der GenerationenWerkstatt im Frühjahr 2019 haben Sie darauf hingewiesen, dass es wichtig ist, Jungen mit auf den (Berufs-) Weg zu nehmen damit sie sich orientieren können. Würden Sie diesen Satz heute so wiederholen?
Jungen starten insgesamt später durch als Mädchen. Jungen brauchen oft einen Impuls mehr als das andere Geschlecht. Von daher halte ich meine damalige Aussage nach wie vor für treffend. Nichtsdestotrotz gilt nie etwas in Gänze. Wir erleben Jungen UND Mädchen, um die wir uns mehr sorgen müssen als um ihre Peer Group. Für mich persönlich ist wichtig, dass wir den uns anvertrauten Kindern ehrliche und möglichst passgenaue Lebenswege aufzeigen. Jeder Moment außerhalb von Schule ist Gold wert. Die Konfrontation mit dem Leben außerhalb des „Wattebauschs Schule“ ist nicht selten Wegweiser für darauffolgend motiviertes Arbeiten auf einen guten Schulabschluss hin.
Herr Wocken, die Pandemie prägt unser Leben und damit auch das Schulleben. Wie wirkt sich die derzeitige Situation auf die Berufsorientierung der Jugendlichen aus?
Wir mussten in Schule kreativer werden. Ehedem präsente Formate der beruflichen Orientierung wurden in digitale Events umgestrickt. Die Einladung außerschulischer Experten wurde oft durch das nötige Einhalten von Hygieneregeln erschwert. Aber unsere schulischen Berufsorientierer:innen waren enorm kreativ. Wir haben berufsorientierende Momente in höchstem Maße ausbringen können. Das, was zwei Schuljahrgängen tatsächlich partiell fehlt, ist das reale Erleben der Arbeitswelt. Praktika waren nur vereinzelt und nicht in dem üblichen Umfang möglich. Und Liveerlebnisse kann Schule in letzter Konsequenz nicht ersetzen. Dennoch bin ich der festen Überzeugung, dass alle Schülerinnen und Schüler, die die Thomas-Morus-Schule verlassen haben, einen zunächst für sie stimmigen Weg einschlagen konnten.