Während der Club of Rome im nächsten Jahr 50 Jahre alt wird, geht das gemeinsame Angebot von Universität und Hochschule ins 16. Jahr. Finanziert von der Bohnenkamp-Stiftung nehmen 127 Schüler aus acht Gymnasien der Region in den Herbstferien an 13 Kursen unterschiedlicher Disziplinen teil, die den Gymnasiasten „neue Ideen und Einblicke in das wissenschaftliche Arbeiten“ vermitteln sollen, wie Uni-Vizepräsident Joachim Härtling betonte. Weder der Fußball noch der Abi-Ball, sondern die Erde sei dabei der „wichtigste Ball unseres Lebens“, zitierte Michael Prior als Geschäftsführer der Stiftung und Sprecher des Stiftungsnetzwerks eine „banale“ Botschaft, für deren Konkretisierung aber jeder seinen persönlichen Beitrag leisten könne.
Trends nicht zukunftsfähig
Explizit die Politik in die Pflicht nahm dann Gastredner Ernst Ulrich von Weizsäcker, dessen Vater Carl Friedrich von Weizsäcker bereits in den Sechzigerjahren den praktisch-philosophischen Ansatz einer „Weltinnenpolitik“ entwickelt hatte und der seit Jahrzehnten „unterwegs in Sachen Nachhaltigkeit“ ist, wie Klaudius Gansczyk von der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler hervorhob. Nach den „Grenzen des Wachstums“ von 1972 und der „ersten globalen Revolution“ von 1991 sei „Wir sind dran“ der dritte „Donnerschlag“ eines Berichts an den Club of Rome, leitete dessen Ko-Präsident seinen Vortrag ein.
Angesichts dessen, dass die derzeitigen globalen Trends „absolut nicht enkeltauglich“ seien, plädierte von Weizsäcker für eine „tiefgreifende Veränderung in unserem Denken und Handeln“. Die Klimaveränderung und dabei insbesondere der bedrohliche Anstieg des Meeresspiegels, das rasante Wachstum der Weltbevölkerung und maßloses, ungebremstes ökonomisches Wachstum erforderten eine „neue“ philosophische Aufklärung und politische Ausrichtung.
Balance als Tugend
Die „alten“ Aufklärer des 18. Jahrhunderts von Adam Smith über Kant und Rousseau bis hin zu Ricardo seien heute zur Rechtfertigung von Individualismus, Egoismus, Gier und globaler Marktdominanz „verkommen“, obwohl sie in geografischen und moralischen Grenzen gedacht hätten. Jenseits des empirisch-analytischen, tendenziell „rechthaberischen“ westlichen Denkens gelte es, über neue Balancen zwischen Mensch und Natur, Kurz- und Langfristigkeit, lokal und global, öffentlich und privat, Religion und Staat und nicht zuletzt Herz und Verstand „eine aus den Fugen geratene Welt wieder in ein höheres Gleichgewicht zu bringen“. Gerechtigkeit und Leistungsanreize widersprächen sich dabei ebenso wenig wie Bewährtes und Innovation, sprach sich von Weizsäcker auch im Hinblick auf entsprechende Nachfragen aus dem Publikum dafür aus, den Wettbewerb in die „richtige Richtung“ zu lenken.
Dem Hinweis auf die Eigenverantwortung des Verbrauchers entgegnete er mit der lapidaren Feststellung, dass es „leider keine Viralität von Vernunft und Klugheit“ gebe, wünschte sich aber nichtsdestotrotz allseits mehr „Mut, sich des eigenen Verstandes zu bedienen“ statt auf „Volksverführer“ hereinzufallen.
Ein Artikel der Neuen Osnabrücker Zeitung, NOZ von Matthias Liedtke 13.09.2019