Sie dürften wohl jeweils 700 bis 800 Kilogramm auf die Waage bringen. Ganz genau lässt sich das Gewicht nachträglich nur schwer schätzen – vor allem weil die Menge der verbauten Stahlbewehrung nicht bekannt ist. Gebaut haben die beiden Betonsessel, die seit Kurzem auf dem Schulhof der Gesamtschule Lotte-Westerkappeln am Standort in Wersen stehen, vier Schüler der neunten Klasse. Durch die Generationen-Werkstatt der Ursachenstiftung Osnabrück konnten sie in den vergangenen Monaten das Betonbauhandwerk bei der Firma Echterhoff Bau in Velpe ausprobieren.
Verschalungen bauen, Bewehrungen vorbereiten und Beton anrühren – für Beton- und Stahlbetonbauer sind das alltägliche Arbeitsschritte. Absolutes Neuland war die Herstellung von Betonbauteilen bis zum Start der Generationen-Werkstatt dagegen für Arne Cord, Finn Dresler, Fynn Ebke und Lukas Maug. Probeweise konnten sie in den vergangenen Monaten in die Rolle von Bauprofis schlüpfen. Angeleitet wurden die Neuntklässler dabei von Michael Hilkmann aus Ibbenbüren, der bis zu seinem Ruhestand 48 Jahre lang als Maschinenschlosser und Energieanlagen-Elektroniker gearbeitet hat.
Das Ergebnis dieser Zusammenarbeit ist jetzt auf dem Schulhof in Wersen zu sehen. In mehreren Arbeitsschritten sind die beiden Betonsessel entstanden. Die einzelnen Bauteile wurden zunächst eingeschalt, Bewehrungen passend gemacht und betoniert. Durch den Lockdown hatte der Beton mehr Zeit zum Aushärten als eigentlich nötig – nämlich rund ein halbes Jahr. Am Ende kleideten die Schüler die Sitzflächen und Armlehnen mit Holz aus. „Vor allem das Bearbeiten der Bewehrung ist anspruchsvoll“, erklärte Michael Hilkmann bei der Präsentation der fertigen Betonmöbel.
Suche nach Auszubildenden
Für die Firma Echterhoff, die zum ersten Mal an der Generationen-Werkstatt teilgenommen hat, sei dieses Projekt eine Chance, junge Menschen für eine Ausbildung zu gewinnen, sagte Personalreferentin Anja Geistkämper. Auch wenn nach der Generationen-Werkstatt keiner der vier Teilnehmer eine Ausbildung zum Betonbauer anstrebt, könnte das Projekt dennoch in dem ein oder anderem Fall in einem Ausbildungsvertrag münden. Ein Praktikumsplatz für angehende Industriemechaniker ist zumindest bei einem der vier Neuntklässler schon fix.
„Wir merken wie wichtig und zukunftsweisend Handwerk ist“, erklärte Westerkappelns Bürgermeisterin Annette Große-Heitmeyer. Dass sich immer mehr Schulabgänger für ein Studium und gegen eine Ausbildung entscheiden würden, sei ein Problem. „Wir brauchen nicht nur Häuptlinge.“
Lob für die Generationen-Werkstatt gab es von Christian Thies, dem stellvertretenden Bürgermeister der Gemeinde Lotte: „Auf diese Weise können Schüler Berührungsängste verlieren.“ Junge Menschen würden ermutigt, „auch einmal eine ganz andere Richtung auszuprobieren“
Seit Projektstart 2014 wurden nach Angaben der Ursachenstiftung Osnabrück insgesamt mehr als 220 Generationen-Werkstätten in über 90 Unternehmen aus Niedersachsen und NRW durchgeführt. Rund 900 Schüler nahmen an den Projekten teil.
Ein Artikel der Ibbenbürener Volkszeizung, IVZ von Anke Beimdiek vom 11.09.2021
Quelle: Ibbenbürener Volkszeitung, 11. September 2021, Anke Beimdiek (Autorin), ©ivz.medien GmbH & Co, KG, alle Rechte vorbehalten
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