Hasbergen. Zikrija aus Kabul, Faheem aus Kundus und Beschar aus Nord-Syrien leben erst seit wenigen Monaten in Deutschland, doch wie das deutsche Ausbildungssystem funktioniert haben die drei Flüchtlingsjungen schon verstanden. Seit Anfang September besuchen sie einmal in der Woche die Werkstatt von Amelingmeyer Metallbau in Osnabrück-Atter. Unter Anleitung von Seniorchef Friedrich Amelingmeyer, schmieden, bohren, schweißen und schrauben die Jungs. Quasi nebenbei verbessern sie ihre Deutschkenntnisse und erfahren, worauf es im Berufsleben ankommt.
„Mit der Verständigung ist es nicht immer ganz einfach“, gibt Seniorchef Amelingmeyer zu. „Zeigen und nachmachen lassen“, fasst er sein pädagogisches Prinzip zusammen. Mittlerweile wissen die Jungen aber, was gemeint ist, wenn der gestandene Schlossermeister „Zange“ oder „Hammer“ sagt.
Friedrich Amelingmeyer ist von Beginn an Fan des Projekts „GenerationenWerkstatt“, das 2014 von der Ursachenstiftung Osnabrück ins Leben gerufen wurde. Gemeinsam mit Klaus Greiwe, damals noch Fachbereichsleiter Arbeit, Wirtschaft, Technik an der Realschule Eversburg, startete er das erste Pilotprojekt. Eine Gruppe seiner Schüler ging zu Amelingmeyer in die „GenerationenWerkstatt“, um erste Erfahrungen im Berufsleben zu sammeln und die eigenen Fähigkeiten zu erproben. Gemeinsam mit dem Seniorchef konzipierten und bauten sie einen Bollerwagen. „Einer der ersten Teilnehmer ist heute Auszubildender bei uns“, so Amelingmeyer. Fabian Gruhn, ein weiterer ehemaliger Teilnehmer, gibt in der aktuellen „GenerationenWerkstatt“ den Junior-Coach für die drei Flüchtlingsjungen.
„Wenn es so läuft, ist es perfekt“, freut sich Lehrer Greiwe, der sich weit über seine beruflichen Verpflichtungen hinaus für seine Schüler einsetzt. Das Projekt „GenerationenWerkstatt“ hat er von der Realschule Eversburg mit an die Schule am Roten Berg genommen, wo er seit dem letzten Jahr tätig ist. Es ist ein Teil des vielfältigen Angebots zur Berufsorientierung an der Hasberger Schule. „Unsere Schüler setzen sich schon früh mit möglichen Berufsbildern auseinander und haben alle Möglichkeiten sich auszuprobieren. Aus diesem Grund wechseln auch manche Schüler von anderen Schulen zu uns“, betont Schulleiter Thorsten Peters. Ohne Zusage für einen Ausbildungsplatz verlassen die wenigsten die Schule. „Ein großer Teil wechselt aber auch auf weiterführende Schulen. Der Trend zu Abitur und Studium macht auch bei uns nicht halt.“
Oft stecken die Eltern dahinter, weiß Greiwe zu berichten. „Sie glauben, dass ihr Kind es in der Gesellschaft ohne Studium zu nichts bringt. Dabei gibt es mit oder ohne Abitur gerade im Handwerk gut bezahlte, anspruchsvolle, abwechslungsreiche und vor allen Dingen sichere Jobs.“ Es komme nur darauf an, die Augen offen zu halten und auch einmal wenig bekannte Ausbildungsberufe in Betracht zu ziehen.
Mit diesen Sorgen deutscher Eltern können Zikrija, Faheem und Beschar wenig anfangen. Sie sind froh jetzt in einem sicheren Land zu leben und eine Chance zu bekommen. Bei Amelingmeyer Metallbau stehen sie zuverlässig jeden Dienstagnachmittag vor der Tür, um den Umgang mit Werkzeugen und Maschinen zu erlernen. Aktuell bauen sie Kerzenständer, die sie anschließend auf dem Adventsmarkt der Schule verkaufen wollen. „Die Einnahmen wollten die Jungen ursprünglich an eine Schule in Afghanistan spenden. Doch diese Schule ist jetzt leider geschlossen worden, weil die pakistanische Regierung nicht wollte, dass dort weiter Mädchen unterrichtet werden“, erklärt Lehrer Greiwe. Jetzt überlegen sie noch, für welchen anderen Zweck sie spenden werden.
Ein Artikel von Regine Bruns vom 01.12.2016
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