Im Rahmen des Projekts besucht eine kleine Schülergruppe über einen längeren Zeitraum jeweils an einem Nachmittag in der Woche einen Handwerksbetrieb, um dort unter fachkundiger Anleitung an einem eigenen Werkstück zu arbeiten. „Im Idealfall sollen die Schüler etwas mit den eigenen Händen herstellen, das sie am Ende mit nach Hause nehmen können“, so Stiftungsvorsitzender Johannes Rahe. Im letzten Jahr waren das zum Beispiel mobile, solarbetriebene Handy-Ladegeräte von emt automation, Wallenhorst, eigene Werkzeugkästen von Jansen Brandschutz, Surwold, einen Grill mit eigener Signatur von Poll Schornsteintechnik, Dörpen oder auch Vogelnistkästen von Berner Ladenbau, Osnabrück.
Häufig bauten die Schüler aber auch etwas für ihre Schule: Bei Purplan in Wallenhorst wurden elektrische Laternen für den Schulhof produziert, in der Tischlerei Vielstätte in Ostercappeln drechselten die Schüler ein Wikinger-Schachspiel für ihre Mitschüler und bei Heinrich Voss Gebäudetechnik in Haselünne wurde ein Schwebebalken für den Schulhof hergestellt. Die Integrierte Gesamtschule Melle setzte gleich drei Schulprojekte mit Meller Unternehmen um: Von Solarlux gab es einen Tisch für das Schulfoyer, von Teledoor Isoliertechnik eine Sitzbank und von der Tischlerei Dodt Wennigser bequeme Paletten-Sitzmöbel für den Pausenraum der Schüler. „Es ist eine Freude zu sehen, wie sich die Jungs in dem Projekt entwickeln. Sie können wirklich stolz auf ihre Leistungen sein“, hob Schulleiterin Marlies Brüggemann bei der gemeinsamen Abschlussveranstaltung in der Schule hervor.
„Im vergangenen Jahr gab es eine ganze Reihe ‚spektakulärer’ Projekte, wie etwa die Instandsetzung eines Pick-ups bei Dälken in Glandorf oder die Erweiterung des Osnabrücker Figurentheaters um eine Schattenspielbühne durch OSMA Aufzüge in Osnabrück, berichtet Johannes Rahe. Letztlich komme es darauf aber gar nicht an. „Alles steht und fällt mit dem Betreuer der Schüler während des Projekts.“ Dieser erfahrene Mitarbeiter oder „Un-Ruheständler“ müsse die Jungs begeistern und ihnen etwas zutrauen.Zum Auftakt und zum Abschluss der einzelnen „GenerationenWerkstätten“, die etwa zehn Wochen laufen, sind auch immer die Eltern der teilnehmenden Schüler eingeladen. „Das ist uns und auch den Unternehmern ganz wichtig, denn die Eltern spielen eine wichtige Rolle in der frühen Phase der beruflichen Orientierung ihrer Kinder“, weiß Renate Beineke aus Erfahrung. „Die Eltern schildern uns, dass ihre Söhne mit Freude an dem Projekt teilnehmen und zuhause darüber berichten, was für Achtklässler durchaus nicht selbstverständlich ist.“
2016 gab es erstmals auch eine „GenerationenWerkstatt“ mit einem Gymnasium: Schüler des Gymnasiums Oesede bauten bei Pötter-Klima in Georgsmarienhütte ein Namensschild für ihre Schule. 2017 sind zwei weitere Projekte mit den Gymnasien in Bad Iburg und Bramsche geplant. „Diese Kooperationen mit Gymnasien nehmen bei uns eine Sonderstellung ein“, erklärt Rahe. Die Projektidee, Schülern mit praktischen Fähigkeiten interessante Handwerksberufe nahe zu bringen, solle dadurch nicht aufgeweicht, sondern erweitert werden. „Auch für Gymnasiasten gibt es interessante Perspektiven jenseits des Studiums.“Diese Meinung stützte auch Professor Dr. Michael Heister vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB) in Bonn, der auf Einladung von Landkreis Osnabrück, Handwerkskammer und Ursachenstiftung im September zu einem viel beachteten Impulsvortrag zum Thema Berufsorientierung an Gymnasien nach Osnabrück gekommen war. Die mangelnde Ausbildungsreife von Jugendlichen, die hohe Zahl von Ausbildungsabbrüchen und der demographische Wandel haben das Bewusstsein für eine frühzeitige Vorbereitung auf das Berufsleben geschärft, so Heister.
Ein Praktikum in der zehnten Klasse sei für eine Berufsorientierung zu spät: „Dann sind alle Messen gesungen".
Die „GenerationenWerkstatt“ setzt dagegen schon bei Schülern in den 8. Klassen an, also noch bevor es ins Praktikum geht. „Viele Teilnehmer aus dem Projekt gehen zum Schulpraktikum wieder in das Unternehmen, in dem sie bereits Erfahrungen gesammelt haben“, berichtet Beineke. Manche schließen auch freiwillige Praktika und Ferienjobs an. Aus der ersten Teilnehmergeneration haben bis jetzt sieben Schüler eine Ausbildung in dem Unternehmen begonnen, bei dem sie bereits in der „GenerationenWerkstatt“ waren. Die Schüler Mick Südkamp und Eric Hanneken zum Beispiel schnupperten 2015 beim Heizungs- und Sanitär-Unternehmen Kuhr in Papenburg erstmals Praxisluft. Beide haben daran noch ein freiwilliges Praktikum angeschlossen und sich schließlich um eine Ausbildung bei Kuhr beworben. „Und das obwohl sie schon Angebote für andere Ausbildungen hatten“, betont Ausbildungsleiter Jan Sluiter.
Diese handfesten Erfolge sorgten 2016 sogar landesweit für Aufmerksamkeit: Im Buch „Niedersachsen 2013 – Zukunft gemeinsam gestalten“ empfiehlt die Niedersächsische Landesregierung die „GenerationenWerkstatt“ als Best-Practice-Beispiel. Die Begründung lautet: „Das Projekt verbindet die Förderung von Jungs in einem schwierigen Lebensabschnitt mit der Förderung des Mittelstands, weil es vor allem Handwerksbetriebe schwer haben, Nachwuchs zu finden. Zudem werden die Kenntnisse und Fertigkeiten der älteren Generation sinnbringend genutzt.“
Wer mehr über die Ursachenstiftung und ihr Projekt „GenerationenWerkstatt“ erfahren will, findet erste Informationen auf der Website der Stiftung www.ursachenstiftung.de sowie auf Facebook, YouTube und im „GenerationenWerkstatt“-Handbuch.
Eine Gesamtliste aller „GenerationenWerkstatt“-Unternehmen gibt es auf www.ursachenstiftung.de/Downloads
Ein Artikel im Newsletter der HWK-Osnabrück von Regine Bruns 19.01.2017
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